In der Autowelt gibt es eine leidenschaftliche Gemeinschaft von Enthusiasten, die es lieben, alte Autos zu restaurieren – aber mit modernen Akzenten. Stell dir einen alten Land Rover mit Elektromotor vor, einen VW-Camper mit einem unglaublichen Soundsystem oder einen Jaguar E-Type mit moderner Federung und Bremsen. Diese Art der Restauration ist als „Resto-Mod“ bekannt. Obwohl dies in unserer Gravel-Welt noch nicht weit verbreitet ist, gibt es mit etwas Recherche einige beeindruckende Beispiele zu entdecken. Der Cannondale-Fan Timo Rokitta hatte die Idee, ein klassisches MTB aus den 90ern in ein vollmodernes Gravel-Bike zu verwandeln – und hat die Details seines erstaunlichen Projekts eingesendet.
Es war Ende der Neunziger Jahre - also noch im letzten Jahrtausend und vor mehr als 25 Jahren. Ich war damals vom MTB-Virus befallen. Im kleinen saarländischen Städtchen Sankt Wendel fanden mehrfach MTB-Weltcups statt und ich schaute den damaligen Stars der Szene zu. Besonders beeindruckten mich die Fahrer und Bikes des Teams Volvo Cannondale. Tinker Juarez und Cadel Evans fuhren damals die Konkurrenz in Grund und Boden auf ihren Hardtails mit der bekannten „Headshok-Federung“.
Als Konsequenz kaufte ich mir danach ein bequemes Cannondale-Fully aus der „Super V-Serie“. So richtig glücklich wurde ich jedoch mit diesem Bike nicht. Es war mit 14 Kilogramm schwer wie Blei und mit der Carbon-Schwinge wippte es bergauf wie ein Segelboot im Sturm auf hoher See. Nach einigen Alpenüberquerungen und MTB-Marathons verkaufte ich das „Super V“ wieder.
Bei unserer Veranstaltung Nibelungengravelride im letzten Jahr, hatte ich dann ein Déjà-vu. Ein Teilnehmer, der jedes Jahr am Start steht, kam mit einem sehenswerten Gravelumbau zum Start. Er hatte aus einem alten Cannondale Killer-V ein Gravelbike gebaut. Das Bike war optisch und technisch ein echter Hingucker.
In den Wochen danach reifte in mir immer mehr der Entschluss, auch ein solches Gravelbike, welches mich an meine frühen Fahrrad-Jahre erinnert, zu besitzen. Im Internet lass ich mich in die Materie ein und entdeckte mehrere solcher Umbauten, die alle sehr individuell waren und immer optisch aus der Menge hervorstachen.
Bei Ebay begann ich nach einem geeigneten Rahmen Ausschau zu halten und glücklicherweise fand ich schnell einen Cannondale F900-Rahmen in der Grösse M. Der Verkäufer war ein sehr netter Typ, der sich mit Cannondale-Bikes gut auskannte und so besaß ich schnell eine Basis in Form eines Rahmens. Für günstige 200 Euro hatte ich dabei auch noch ein wahres Schnäppchen gemacht.
Da der Aufbau eines 25 Jahre altem MTB zu einem Gravelbike einiges an Fachwissen voraussetzt, machte ich Torsten, den Besitzer des Cannondale Gravelbikes vom „Nibelungengravelride“ aus. Er sagte spontan zu, mir beim Aufbau behilflich zu sein und die wichtigen Arbeiten an dem Projekt zu übernehmen. Meine Aufgabe war es, sich um die Lackierung und die Teile zu kümmern.
Mit Velociao aus Berlin fand ich einen Lackierer, der mir den Rahmen und die Gabel in den original-Farben des Cannondale Volvo Teams lackierte. Doch wie heißt es so treffend: „Zuerst kommt es anders, und zweites als man denkt!“
Zuerst verzögerte sich die Lackierung, weil der Lackierer seine Firma umbaute und danach waren die Aufkleber für den Rahmen sehr lange nicht lieferbar. Dann hatte der gelieferte Sattel Mängel und musste umgetauscht werden.
Da Torsten, der selbst 40 Bikes besitzt ein begnadeter Schrauber ist und sich mit alten MTB`s auskennt, konnten alle Probleme, die sich bei einem solchen Projekt ergeben, gelöst werden. Unter anderem musste extra ein Distanzring für das 1,56 Zoll Headshok-Steuerrohr angefertigt werden und das Problem der Halterung für die ISO 2000 Bremsaufnahme gelöst werden. Zum Schluss wurde bei den Spezialisten Eighty-AID noch die Headshok-Gabel überholt.
Doch nach einem guten halben Jahr war es dann soweit. Gemeinsam mit Torsten ging es mit den alten Cannondale Gravelbikes, die durch den Umbau nun eine Renaissance erleben, über die Schotterwege am Rhein.
Das Fahrverhalten begeistert dabei durch die kleinen 26 Zoll Laufräder, die wegen der deutlich reduzierten Masse flink beschleunigen und ein perfektes Handling bieten. Die Fahrstabilität ist durch den langen Radstand sehr gut und keineswegs kippelig.
Somit schließt sich der Kreis für mich nach gut 25 Jahren. Und manchmal muss man ein bisschen länger warten bis eine Sache so richtig gut wird.
timo rokitta
Timo ist ein über enthusiastischer Schotterfahrer mit Sitz in Deutschland. Er ist in ganz Europa gefahren und mischt das Teilnehmen an Langstrecken-Schotter- und Bikepacking-Veranstaltungen mit sozialen Schotterausfahrten. Er ist auch Veranstalter von Events und man kann ihn entweder auf einem Moots, einem OPEN UP, einem Allied Able oder einem in den 1970er Jahren umgebauten Klappfahrrad für Schotterfahrten sehen!