Ende Mai 2024 fand die dritte Auflage des Grinduro-Festivals in der kleinen Stadt Hellenthal in der Eifel statt. Die Grinduro-Deutschland-Strecke bot dazu eine Mischung aus Schotterstraßen, Waldwegen, steilen Singletracks, tiefem Schlamm, feuchten Wurzeln sowie asphaltierten Nebenstraßen. Olly reiste nach Deutschland, um Spaß zu haben und er erlebte dabei viel mehr, als er erwartet hatte. Lest weiter, um zu erfahren, wie es dort war.
In Hellenthal traf er Timo, der regelmäßig Artikel für Gravelunion schreibt. Timo kommt aus Deutschland, er verbringt seine Zeit meist in Deutschland und Spanien bei Gravelevents. Er spricht besser Englisch als erwartet. Seine Ausdrucksweise war dabei nicht nur auf Phrasen beschränkt, die man in einem Sprachkurs lernt. Er streute in unsere Konversation auch passende Zitate aus englischen Filmmitschnitten, ganz besonders als mein Fahrradcomputer eine Steigung von 24% registrierte.

Grinduro, das Events, das 2015 zum ersten Mal durchgeführt wurde, ist eine Kombination aus Gravel-Grinder und MTB-Enduro. Es geht darum eine Party zu feiern und auf dem Gravelbike Spaß zu haben. Dazu gibt es vier Segmente, auf denen die Zeit für Ergebnisse gestoppt werden. Die gesamte Strecke hat ca. 100 Kilometer, so dass sich jeder hier nach Lust und Laune Zeit nehmen oder auch schnell fahren kann. Seine sportliche Herausforderung kann man mit Gleichgesinnten in den Segmenten, auf denen die Zeit gestoppt wird, messen. Die Veranstalter hatten eine weitläufige Acht als Loop gescoutet - als Ausgangspunkt natürlich die Event-Location in Hellenthal. Der Parcours war so konzipiert, dass jeder am Mittag in die Event-Location zurückkehrt und dort ein hochwertiges Mittagessen erhält. Für einige Gravelbiker war die erste Runde schon genug und sie entschieden sich, den Nachmittag in der Event-Location zu verbringen. Die meisten gingen jedoch voller Elan und Tatendrang auf die Nachmittagstour.
Grinduro-Events bestehen generell aus einem kurzen Bergzeitfahren am Freitag, einem ganzen Tag Gravelbiken am Samstag und einem „sogenannten Hang-Override“ am Sonntagmorgen. Am Freitagmorgen regnete es zunächst noch etwas, also kein idealer Start in den Tag! Glücklicherweise besserte sich das Wetter während des Tages, und bis zum frühen Nachmittag war der Regen vorbei. Gegen 15 Uhr begann das Schwalbe-Bergzeitfahren auf einer kurzen Strecke. Der Weg umfasste eine steile, rutschige Gras-Sektion am Anfang, gefolgt von einem Schotter-Sprint-Bereich im oberen Abschnitt. Am Ende folgte auf einen scharfen Rechtschwenk eine steile Gras-Rampe. Den Fahrern wurde dabei erlaubt, den Kurs bis zu fünfmal zu absolvieren, um ihre beste Zeit zu erreichen. Die Siegerzeiten betrugen am Ende knapp über eine Minute.
In der Frauenkategorie siegte Terry Fremineur, bei den Männern Mordmüller. Patrick vom Sponsor Schwalbe übergab die Trophäen in Form von Goodies an die Podium-Fahrer.
In typischer Grinduro-Manier wurde die Vorspiel-Preisverleihung abgeschlossen und die Fahrer wählten entweder den Weg zurück in ihre Zelte für eine frühe Nacht (Rennfahrer) oder genossen das Event-Village-Atmosphäre und malten dann den Bar purple (Party-Pacer).
Als der Samstagmorgen dämmerte war es trocken von oben und für den Nachmittag sollte sogar die Sonne herauskommen. Es gab viel Freude über das großartige Frühstück, das die Grinduro-Köche angerichtet hatten. Die gemischte Wettervorhersage führte jedoch zu einem Bekleidungs-Dilemma – Beinling(?) Armlinge(?) Jacke(?) lang oder kurz? Das Gute am Grinduros Format ist hier, dass man ohne Zeitstress aufhören oder entspannt seine Kleiderwahl ändern kann.
Ich entschied mich für die "mehr-ist-sicher“ - Option mit Arm- und Beinlingen und einer winddichten Jacke, obwohl Timos schnelles Tempo vom Start weg bedeutete, dass ich bald auf Betriebstemperatur kam und meine Jacke auszog. Im Gegensatz zu meiner Erfahrung in den Niederlanden einige Wochen zuvor erhielt ich weniger seltsame Blicke und über meine Schutzbleche und tatsächlich sah ich unterwegs mehrere „Fender-Freunde“ an verschiedenen Punkten des Kurses. Sie waren leicht zu erkennen, weil sie saubere Gesichter und Hinterteile hatten! Die Kursdesigner hatten einen großartigen Job gemacht, in der Eifel einen wetterfesten Kurs zu scouten. Aber der heftige Regen am Freitagmorgen bedeutete auch, dass der Kurs an manchen Stellen sehr rutschig war.

Grinduro-Events sind bekannt für ihre Verpflegung und es dauerte nicht lange, bis wir die erste Verpflegungsstelle erreichten. Sie war von freundlichen Helfern besetzt und es gab süße und salzige Snacks, frisches Obst sowie riesige Behälter mit Wasser (plus Rehydrat- und Energieriegelpulver für alle, die sie benötigten), waren die Fahrer schnell wieder versorgt. Da es relativ früh im Kurs kam, war es nicht sehr anstrengend für das mechanische Support-Team von Shimano & Schwalbe, wenn ich da war, aber es war schön zu wissen, dass sie da waren, wenn wir sie benötigten.
Wenn du überall auf der Welt leben könntest als Gravel-Fahrer, ich bin nicht sicher, ob viele Leute die britischen Inseln auswählen würden. Der Vorteil aber wäre, dass wenn die Bedingungen nass, schmutzig und ohne Traktion sind, diese dann „viel Erfahrung“ haben! Eine besondere Herausforderung auf der ersten Runde war eine etwa 1 km lange schlammige Wiese mit viel feuchtem Gras sowie einer kleinen Bach-Überquerung und einigen tiefen Rinnen. Dies war wahrscheinlich nicht die beste Gravel-Sektion (Timo schimpfte laut über diese Sektion), aber mit den richtigen Reifen, etwas Fahrpraxis und ein bisschen Glück konnte man den ganzen Weg im Sattel bleiben und somit den Grundstein für die Gesamtwertung legen - da dies eine von vier gewerteten Segmenten war. Es war bestimmt nur eine Handvoll Fahrer gewesen, die diesen Teil des Kurses wirklich genossen haben!
Wenn du online nach der Frage "Was ist das richtige Fahrrad für Grinduro?" suchst, wirst du einige beeindruckende und verschiedene Antworten erhalten, doch das ist auch ein Teil des Charmes des Events. Der Kurs wurde so entworfen, dass er so vielfältig wie möglich ist, mit steilen Anstiegen, Singletrails, breiten schnellen Forststraßen, asphaltierten Abschnitten sowie schwierigen Abfahrten und fast allem dazwischen. Deshalb glauben wir nicht, dass es ein perfektes Fahrrad für Grinduro gibt. Timos besonderes OPEN U.P.P.E.R. mit 7 kg war mit Shimano GRX Di2 in einer 1x11-Kassette und sehr schnellen, mit wenigen Stollen versehenen Reifen ausgerüstet. Auf den schnelleren Abschnitten des Kurses flog er damit und ich konnte hier nicht folgen. Auf den schmutzigen oder steileren Abschnitten des Kurses war meine mein 2x11 GRX Di2-Schaltung perfekt und auch die gröberen Stollenreifen hatten mehr Grip. Die Vielfalt der Bikes am Event war so vielfältig wie der Kurs - alles von alten 26"- MTB mit V-Brakes und einem unglaublich langen GinkGo-Cargo-Fahrrad bis hin zu Top-of-the-range-Gravelbikes. Doch das Wichtigste war – jeder hatte einen schönen Tag!

Das wellige Gelände von Hellenthal ist perfekt für die Prüfung aller Aspekte der Fertigkeiten von Gravel-Fahrern und die letzte Abfahrt vor dem Mittagsstopp war ein perfektes Beispiel. Es begann unschuldig genug, aber der Gradient erhöhte sich bald und die Oberfläche verwandelte sich in große Felsabschnitte, wenn man von der perfekten Linie abkam. Füge die geneigten Ecken und eine leicht feuchte Oberfläche hinzu und du hast etwas Zungenraus, konzentrierten Spaß. Die Fahrer kamen mit großen Lächeln im Gesicht zurück zum Event-Dorf für ihr Mittagessen.

Das Mittagessen war köstliche Pasta nach Belieben (mit glutenfreien Optionen) und eine Linsensuppe, serviert mit warmen Brötchen. Die Organisatoren hatten erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Umweltauswirkungen zu reduzieren, daher wurde alles in biologisch abbaubaren Behältern serviert und den Fahrern wurden Bambus-Besteck gegeben. Der gesamte Abfall wurde natürlich auch recycelt. Nachdem das Mittagessen gegessen war, machten wir uns auf zum Shimano-gesponserten Kaffee-Stand, wo du mit einem Schwenk deines mitgelieferten Armbandes deine Wahl an Barista-Kaffee und Tee bestellen konntest.
Als Timo und ich uns für den Nachmittagsabschnitt der Strecke aufmachten, brach die Sonne durch und die Temperatur stieg dramatisch an - begleitet von wunderschönem Sonnenlicht auf den Wegen. Die Organisatoren versprachen noch mehr Vielfalt für die zweite Runde. Es begann gleich richtig mit einigen fantastischen Wald-Singletracks, sobald wir die Event-Location verlassen hatten.
Das Streckenprofil für den Nachmittag zeigte zahlreiche kleine, steile Anstiege mit kaum flachem Stücken dazwischen. Wir kämpften uns die Anstiege hinauf, während wir verzweifelt nach noch einem Zahnkranz auf der hinteren Kassette suchten, bevor wir wieder hinunterstürzten. "Das war verdammt steil", sagte Timo nach einer besonders interessanten grasbewachsenen Abfahrt.



Bild mit freundlicher Genehmigung von Timo Rokitta
Die Organisatoren hatten recht, dass der Nachmittags-Parcours spektakulär abwechslungsreich war. Kurz nach dem Mittag hatten wir einen 10% steilen Kopfsteinpflaster-Anstieg zur alten Stadt Reifferscheid, deren Silhouette von einer majestätisch aussehenden Burg dominiert wurde. Später hatten wir einen langen Abschnitt glattem schotter, der an die Strada Bianche erinnert.
Gerade als du dachtest, du hättest den Kurs im Griff, würden die raffinierten Designer einen Knüller einbauen - dieses Foto scheitert eindeutig daran, wie steil diese Abfahrt war, aber ich war zu beschäftigt damit, ein Gravel-Bike auf dem zu kontrollieren, was überall sonst eine Singletrack Mountainbike-Abfahrt gewesen wäre (mit 180-Grad-Hairpin-Kurven, kleinen Felsstufen, Wurzeln und einem losen Untergrund), um Fotos zu machen! Wenn du zu einem Grinduro-Event kommst, packe all deine Bike-Handling-Fähigkeiten ein, denn irgendwann wirst du sie wahrscheinlich brauchen!
Bild mit freundlicher Genehmigung von Bart de Goede
Gerade als unsere Energie weniger wurde, erschien die Verpflegungsstelle wie eine Fata Morgana am Horizont. Gut gefüllt, mit einer guten Mischung mit süßen und herzhaften Snacks, hätte es nicht zu einem besseren Zeitpunkt kommen können. Das Shimano- und Schwalbe-Support-Team war diesmal etwas beschäftigter. Ketten wurden geschmiert, Reifendichtmilch musste nachgefüllt werden, und weitere kleine Reparaturen durchgeführt.


Als wir losrollten wussten wir, dass wir nur noch ein Segment - einen welligen vier Kilometer langen Trail, der sich eigentlich einfach anhört, aber mit einer Kombination aus müden Beinen und starkem Gegenwind war es viel anstrengender, als ich erwartet hatte. Timo zog davon und war über diesen Abschnitt eine Minute schneller als ich. Glücklicherweise kam danach eine lange Abfahrt, die zur „Olefatlsperre“ führte, die ca. 20 Millionen Kubikmeter Wasser speichert. Als wir am südlichen Ufer mit hoher Geschwindigkeit entlang fahren, sprang plötzlich ein Mann in einem violetten Ganzkörper-Anzug vor uns auf, wedelte mit dem, was wie kleine weiße Poolnudeln aussah. Er bestand spaßeshalber darauf, dass wir diese mitnehmen.
Als wir um die nächste Ecke und über die Staumauer des Stausees fuhren, entdeckten wir einen lila Sessel mitten auf der Straße (die für Fahrzeuge gesperrt ist) und einen sehr vertraut aussehenden Pavillon. Der Sessel war die Idee von Chantal, die die freiwilligen Helfer koordiniert, die bei der Durchführung des Events helfen. Unter dem Pavillon befanden sich Tische voll beladen mit Tellern voller Donuts sowie eine Schubkarre, randvoll mit Eis und mit Dosen Cola. Ich hätte mir keine perfektere Überraschung vorstellen können, um das Ende eines langen Tages auf einem Gravelbike zu haben, und die Tatsache, dass es mit Gravel Union gebrandet war, fügte der glücklichen Natur des Stopps noch etwas hinzu. Chantal machte Fotos von allen und es gelang, unsere Gesichtsausdrücke perfekt einzufangen, obwohl mein Gesicht zur Hälfte voller Donut war!

Bild mit freundlicher Genehmigung von Grinduro/Fat Pigeon
Nachdem wir uns nach dem Donut-Stop wieder aufgefüllt hatten, rollten wir hinunter nach Hellenthal und weiter zum Ziel. Timo versicherte mir, dass er einen großartigen Tag hatte, auch wenn der weniger als beeindruckte Ausdruck auf seinem Gesicht es nicht vermuten ließe. Mit 104 Kilometern und mehr als 2000 Metern an Aufstieg in unseren Beinen von diesem Tag war ein gut verdientes Bier angesagt, gefolgt von einem großartigen Abendessen, das von der Grinduro-Catering-Team bereitgestellt wurde.
Nach dem Abendessen rief Event-Chef Carlo die versammelten Masse zusammen und er begann mit der Preisverleihung. Timo, seine Partnerin und ich nahmen vorne Platz, ich als Fotograf und Timo als erwarteter Sieger in seiner Altersklasse. Als Carlo zu unserer Altersklasse kam, rief er Timos Namen als Sieger aus, aber dann, in völlig unerwarteter Weise, rief er meinen Namen als Zweiten aus! Als ich bedachte, dass ich innerhalb eines der gewerteten Segmente angehalten und etwa fünf Minuten lang Fotos geschossen hatte, bevor ich durch die Zeitungslinie wieder überquerte, war ich absolut erstaunt, aber ein Gravel Union-Duo auf dem Podium schien ein sehr passender Abschluss des Tages! Die Gesamtsieger des Events waren eine Kopie des kurzen Bergzeit-Prologs, mit Terry Fremineur als Siegerin in der Frauenkategorie und Sebastian Mordmüller als Sieger in der Männerkategorie.
Die traditionelle Grinduro-Afterparty begann direkt nach dem Podium-Feier und dauerte bis tief in die Nacht hinein. Die Mini-Poolnudeln, die uns der purple Morph-Mann am Ende des Nachmittags gegeben hatte, erwiesen sich als doppelt nützlich – sie enthielten eine LED-Leuchte und funktionierten somit als Glühstäbchen bei der Afterparty, während sie auch als Zahlungsmittel für ein gut verdientes Post-Event-Bier von der Event-Bar verwendet werden konnten.
Die traditionelle Grinduro-Hangover-Social-Ride schloss das Event ab. Ein hartgesottener Kreis von Enthusiasten machte sich auf den Weg für einen letzten Ausritt vor der Abreise. Die Feedbacks von allen, mit denen wir sprachen, waren positiv und es gab u. a. Fragen, ob das Event 2025 nach Hellenthal zurückkehren würde. Die Organisatoren haben es zwar noch nicht bestätigt, aber basierend auf dem Erfolg des Wochenendes sind wir ziemlich sicher, dass Grinduro zurückkehren wird in die Wälder von Hellenthal.
Wenn du die Strecke, auf dem die Grinduro-Fahrer gefahren sind, ausprobieren möchtest, findest du sie hier: